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Weihergedanken
von unserem Ehrenmitglied Heiner Brunnert
Wenn in einer kühlenden Sommernacht der Mond ein silbernes Band über die leicht kräuselnden Wellen des Weihers ausgießt, ein sanfter Wind die Blätter der Bäume flüstern lässt, eine Entenmutter mit ihren Küken einen späten Schwimmgang unternimmt, ein kapitaler Fisch mit einem lauten "Wuatsch" für Sekunden das Wasser und die Stille durchbricht, dann erfüllt mich eine jener leisen, unvergleichlichen Glücksgefühle, die einem nur der Angelsport schenkt.
Das bewusste Erleben der Natur, die sich auch bei der edlen Fischwaid nur dann offenbart, wenn sich der Mensch ihr stumm ergibt, reizt alle Sinne. Man sieht, hört, riecht und fühlt auf der Haut, dass man für einige Stunden zu Gast sein darf bei dem Leben ringsum.
Romantische Gefühle? - Nun. Angler sind -fast- alle heimliche Romantiker.
Allerdings gehen mir viele, vielleicht allzu viele gute Anglertugenden ab. So bleibt der Fangerfolg zwar nicht völlig gleichgültig, aber er ist mir nicht besonders wichtig. Immerhin packt mich die Jagdspannung, wenn endlich ein Fisch bei mir beisst, und ich wende auch alle erlernten Regeln an, um zum Angelerfolg zu kommen, aber wohl unvollkommen. Die grossen Fische fange ich bestimmt nicht. Ich bin ein lausiger Angler.
Bisweilen verträume ich auch einen Biss und damit vielleicht einen kapitalen Fisch. Ich lasse meine Gedanken schweifen: Wie kam ich eigentlich zum Angelsport? Ein Freund nahm mich mit, mehr zufällig also. Das ist gut vierzig Jahre her. Durch ihn lernte ich einen "alten Mann" - so in meinem heutigen Alter - kennen, der mich lehrte, das Fischen als hegende Jagd zu begreifen und als "Eintrittskarte" in die Erlebniswelt der Natur. Die Begegnung mit diesem Mann war für mich die prägende Erfahrung in diesem Sport.
Man überlegt in unserem Sportanglerverein "Gut Fang" seit langem und immer wieder: Wie wird die Zukunft unserer Gemeinschaft aussehen? Gut Fang 2000 und später?
Die Zukunft ist selbstredend die Jugend. Wie können wir sie für uns begeistern? An entsprechenden zum Teil recht aufwendigen Bemühungen wie Zander- oder Forellenfischen hat es nicht gefehlt, aber nach punktuellen Erfolgen war das Echo hernach gegen Null. Das kann entmutigen und fragen lassen: Will unsere Jugend nur "Action", ist ihr Lebensprinzip "mitnehmen, was sich bietet und dann abhaken, ex und hopp"? Ist unsere Jugend nur genussüchtig, oberflächlich, egoistisch, arrogant, träge, faul, frech und respektlos? - Diese Vorwürfe (und ihre Widerlegungen) - man lese nach von Plato, Cicero, Albertus Magnus bis heute - ziehen sich durch die Jahrhunderte. Nichts Neues also und allemal Unsinn. Allerdings ist es Jugendlichen kaum jemals besser gegangen und mühelose Wunscherfüllung erleichtert den Weg zur Reife erfahrungsgemäss nicht gerade. Vor allem aber sind unsere jungen Leute extrem reizüberflutet, von fragwürdigen Vorbildern umgeben, die sie sich teils selbst geschaffen haben, weil wir Ãlteren ihnen die Vorbilder schuldig geblieben sind. Das könnten wir für unseren Teil besser machen, wir dürfen nur in unseren Bemühungen nicht nachlassen und müssen uns über unseren Stellenwert klar sein. Mit Populärsportarten wie Fußball, Tennis oder Leichtathletik können wir uns nicht messen, wir sind ein Nischensport wie Fechten oder Rudern. Aber da liegt vielleicht unsere Stärke.
Ein Verein wie der unsere ist überschaubar, jeder kennt so ziemlich jeden Aktiven, es gibt keine Hemmschwellen; es ist leicht, aufeinander zuzugehen, öfter mal etwas Neues auszuprobieren. Angelpartnerschaften zwischen Jungfischern und Senioren - möglichst kein Verwandter - würden neue Beziehungen schaffen und Fachwissen weiterfließen lassen.
Ermuntern wir auch unseren Nachwuchs, sich im Verein selbstbewusst zu artikulieren, seine Meinung offen zu sagen und diskutieren wir ernsthaft mit ihm. Geben wir der Jugend Aufgaben und bereiten sie nach und nach auf Führungsaufgaben vor. Jugend will gefordert werden.
Wir könnten auch mehr nach außen wirksam werden. Warum versuchen wir nicht, im Naturkundeunterricht der Schulen mit Vortragenden aus unseren Reihen ein Zeichen zu setzen. Dort sitzen die potentiellen Jungfischerinnen und Jungfischer. Die müssen uns und unseren Sport aber erst einmal kennen lernen.
In unserer Informationsarbeit für die hiesige Presse stehen wir zwar recht gut da, aber auch dabei ist das Bessere der Feind des Guten. Es heißt, alle Chancen der Berichterstattung zu nutzen, noch erfolgreicher zu sein und junge Leute an diese reizvolle Aufgabe heranzuführen.
Und was ist eigentlich mit unseren Damen? Wenn man zum Beispiel beim Fischerfest sieht, mit welchem unermüdlichen Einsatz sie da zu Werke gehen, versteht man nicht, dass sie im Vorstand nicht auch eine ähnliche Rolle spielen. Die Damen streben doch die Gleichberechtigung in allen Bereichen an. Was, verehrte Damen, hält Sie zurück? ---
Biss! - Zu spät, - er ist mir vom Haken gegangen, weil ich wieder einmal ins Grübeln und Träumen gekommen bin. Es ist frisch geworden und Zeit, meine Ruten einzuziehen. Die gewaltige Industriekulisse des Chemiekolosses mit ihren Hunderten von Lichtern optischer Gegenpol zur beschaulichen Ruhe und zum sanften Dunkel des Weihers dröhnt das 6-Uhr-Signal in den Himmel, - der Tiger reckt die Glieder und faucht. -
Auf der Heimfahrt hätte ich mit dem Rad fast einen Fasan überfahren, bin nicht recht bei der Sache.
Sie werden mich noch einige Zeit beschäftigen, meine Weihergedanken.